Siedlungsbäume für mehr Artenvielfalt


30 JAHRE ÖSTERREICHISCHES ÖKOLOGIE-INSTITUT VORARLBERG
Das Österreichische Ökologie Institut feierte 2021 sein 30-jähriges Bestehen in Vorarlberg und das mit drei Veranstaltung zu siedlungsökologischen Themen. Etwa 50 Fachpersonen und Interessierte fanden sich am 05.11.2021 im Vorarlberg Museum Bregenz zusammen, um über die Förderung der Artenvielfalt mithilfe von Bäumen im Siedlungsraum zu reden. Katrin Löning, Geschäftsführerin des Standorts Bregenz, führte durch den Vormittag mit zwei Fachvorträgen und einer Diskussionsrunde. Mitorganisatoren: Stadt Bregenz und KLAR-Modellregion Plan-b.

Urbane Artenvielfalt auf Stadtbäumen

Dr. Susanne Böll, Biologin, LWG Bayern

„Wie gut erfüllen die nicht-heimischen Bäume die Bedürfnisse der heimischen Insekten?“

In Nordbayern liegt die Temperaturerhöhung der letzten Jahre bedeutend über dem globalen Schnitt, auch die Abnahme der Niederschläge ist dramatisch, teilweise auf weniger als 300 mm Jahresniederschlag.

Seit 2010 untersucht Dr. Susanne Böll und ihr Team schon die klimatischen und ökologischen Unterschiede zwischen heimischen und nicht heimischen (südosteuropäischen) Baumarten im Straßenraum. Insgesamt wurden die Kronenbereiche 30 verschiedener Versuchsbaumarten auf Käfer, Zikaden, Bienen und Spinnen untersucht, in Würzburg, Kempten und Hof/Münchberg.

Erste Erkenntnisse aus dem Vergleich drei verwandter Baumartenpaare (Tilia cordata Greenspire – Tilia tomentosa Brabant, Fraixinus excelsior Westhofs Glorie – Fraxinus ornus, Carpinus betulus Frans Fontaine – Ostyra carpinifolia): Heimische Stadtbaumarten sind signifikant individuenreicher als osteuropäische Arten, wobei das nicht bei allen Tiergruppen zutrifft.

Bis zu 57 Wildbienen-Arten konnten nachgewiesen werden, was 10% der in Deutschland präsenten Arten ausmacht. Diese sind jedoch ausnahmslos auf einen naturnah gestalteten Blühstreifen am Fuße der Bäume angewiesen.

Empfohlen wird die Setzung einer Mischpflanzungen von heimischen und südosteuropäischen Arten, diese ergeben die höchste Artenvielfalt und sind gegenüber dem Klimawandel resilienter.


Mehr Informationen zur Studie und dem Projekt Stadtgrün 2021: neue Bäume braucht das Land

Biodiversitätsindex 2021 für Stadtbäume im Klimawandel

Dr. Sandra Gloor, Wildtierökologin, SWILD Zürich

„Welche Baumart bietet bei optimalen Bedingungen den besten Lebensraum für Tiere, Moose, Pilze und Flechten?"

Dr. Sandra Gloor, 2021 Vorarlberg Museum Bregenz
Ein Großteil der mitteleuropäischen Bevölkerung lebt in Städten, hier werden Entscheidungen für die Zukunft gefällt. Die Stadtnatur erfüllt wichtige soziale Funktionen (Aufenthalts- und Lebensqualität, Erholung etc.) für Bewohner von Siedlungsräumen. Siedlungsbäume leisten einen wesentlichen Beitrag dazu. Für die Wahl der Baumarten spielen in der Stadtplanung Klimaresilienz eine immer größere Rolle. Die Bedeutung für die Biodiversität steht nicht im Vordergrund.


Für die Biodiversität entscheidend ist das Alter, die Art, Kronenvolumen und der Standort von Bäumen

Der 2021 (2014, erste Fassung) von Dr. Sandra Gloor, Anouk Taucher und Katja Rauchensteiner aktualiserte Biodiversitätsindex basiert auf sieben Organismengruppen, die auf Bäumen leben. 105 Baumarten wurden von 18 Biologen und Ökologen auf ihren Wert für die Biodiversität bewertet. In seiner neuen Fassung wird zusätzlich zu den Straßenbäumen auch der Wert der Arten als Park/Gartenbaum bewertet, da letztere mehr Wachstumspotenzial im Boden haben.


zur Studie
Empfehlungen für die Planung:
1. Alte Bäume erhalten, Ersatzpflanzungen planen
2. Einheimische Baumarten oder nicht-einheimische Arten mit hohem, ökologischen Wert pflanzen
3. Keine invasiven Neophyten auf privaten Arealen und in Grünanlagen pflanzen
4. Wildformen verwenden
5. Baumartenvielfalt gezielt fördern
6. Baumumgebung naturnah planen und pflegen

Anschließende Diskussion

v.l.n.r.: Katrin Löning, Christoph Ölz, Jürgen Kiesenebner, Gerold Ender, Dr. Susanne Böll, Dr. Sandra Gloor, 2021 Vorarlberg Museum Bregenz
Gerold Ender
Leiter der Dienststelle für Klimaschutz, Umwelt und Energie und Koordinator des KLAR! plan b Projekts in Bregenz
  • Plan-B Region setzen innerhalb zweier Jahre über 800 Bäume im Siedlungsraum und Straßenrand.
  • Die Plan-B Region setzt sich für mehr Lebenszeit für Bäume ein.
  • Dafür wird Fachwissen zwischen den Gemeinden ausgetauscht und Weiterbildungen für die Bauhofmitarbeiter angeboten.
Jürgen Kiesenebner
Leiter der Stadtgärtnerei Bregenz
  • Bäume müssen sich gleich zu Beginn an die Standortbedingungen gewöhnen können und sollten daher nicht zusätzlich gegossen werden.
  • Im verbauten Raum sollten Dachwasser für die Bewässerung mit genutzt werden.
  • Das künstlich hergestellte Baumquartier sollte genügend durchwurzelbaren Raum aufweisen (siehe Schwammstadtprinzip).
Christoph Ölz
Baumfreund und Baumpfleger
  • Es gibt einige Gemeinden in Vorarlberg, die schon seit Jahren Vielfalt pflanzen, so wie heute vorgestellt. Gleichzeitig gibt es aber auch viele Tiefbauer und Planer, denen die Bäume egal sind.
  • Eine der größten Herausforderung in Siedlungen ist der fehlende Boden. Er würde sich wünschen, dass die nächste Veranstaltung draußen bei den Bäumen stattfindet und wir gemeinsam den Wurzeln nachspüren.
  • Wo sind die Leute, die sich in Zukunft um die Bäume kümmern? Wir brauchen mehr Menschen, die sich aktiv an den Bäumen arbeiten.
  • Es muss ein Baumschutzverordnung zum Schutz von wertvollem Baumbestand im privaten und öffentlichen Raum geben.
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